Herbert Becker

Aus Falschbeschuldigung
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Herbert Becker (* 1940) ist ein deutsches Justizopfer. Durch eine Verleumdung seiner Tochter saß er sieben­einhalb Jahre lang unschuldig im Gefängnis.

Er war 2004 vom Landgericht Halle wegen angeblicher Vergewaltigung seiner Tochter zu der Freiheitsstrafe verurteilt worden.[1][2]

Die 21-jährige Tochter hatte sich in der Hauptverhandlung als Opfer eines ständig alkoholisierten Vaters dargestellt, begleitet von ihren Ärzten, die ihr eine schwere Traumatisierung durch die angeblichen Vergewaltigungen bescheinigten. Für das Landgericht Halle schien der Fall damit klar, obwohl die anderen Familien­mitglieder alle zugunsten des Vaters ausgesagt hatten. Das Gericht vertraute auf die eigene Inkompetenz und die inkompetenten Angaben der Ärzte, verzichtete auf eine aussage­psychologische Begutachtung der Tochter und verurteilte Herbert Becker zu zehn Jahren Gefängnis.

Erst als die Tochter in den folgenden Jahren weitere Männer der Vergewaltigung beschuldigte und die Anschuldigungen immer abstruser wurden, ließ die Staatsanwaltschaft die Frau begutachten. Der beauftragte Psychologe hielt sie in seinem Gutachten im Jahre 2009 für nicht glaubwürdig und vermutete eine Persönlichkeits­störung. Doch nichts passierte, Herbert Becker blieb weiter in Haft. Erst als 2011 der Strafverteidiger Johann Schwenn[wm] auf den Fall aufmerksam wurde und die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragte, wurde Becker vom Landgericht Magdeburg 2012 nachträglich freigesprochen. Die vorgeworfenen Taten hat es nach Auffassung des Gerichts nie gegeben.[2]

In dem Prozess des Wiederaufnahme­verfahrens zeigte sich der psychiatrische Gutachter schockiert über das seinerzeit schlampige Vorgehen der Ärzte, auf deren Aussagen sich das schlampige Gericht für die Verurteilung 2004 vor allem gestützt hatte. Die Ärzte hatten die Tochter wegen post­traumatischer Belastungs­störungen behandelt, aber nie objektiv eruiert, ob es das Trauma – die Vergewaltigungen – tatsächlich gab. Die Tochter hatte gynäkologische Untersuchungen stets verweigert. Aus den Akten ging daher nicht hervor, ob sie 2004 nicht gar noch Jungfrau war.[3]

Herbert Becker erlitt in der Haft einen Herzinfarkt sowie nach seiner Entlassung einen Schlaganfall.[4]

Literatur

  • Thomas Darnstädt: Der Richter und sein Opfer – Wenn die Justiz sich irrt, Piper Verlag 2013, ISBN 978-3-492-05558-1, Seite 143

Einzelnachweise

  1. Fehlurteil: 7 Jahre unschuldig im Gefängnis; in: ARD-Magazin Panorama vom 23. August 2012
  2. 2,0 2,1 Fehlurteil: 7 Jahre unschuldig im Gefängnis (Zusammenfassung des TV-Beitrags); in: ARD-Magazin Panorama vom 23. August 2012
  3. Fehlurteil: 72-Jähriger siebeneinhalb Jahre zu Unrecht in Haft, Mitteldeutsche Zeitung am 15. Juni 2012
  4. Auf diese Weihnacht hab ich 7½ Jahre gewartet, Bild-Zeitung am 23. Dezember 2012