Unschuldiger Rentner

Aus Falschbeschuldigung
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Rinteln/Bückeburg (ly). Aufatmen beim Angeklagten: Mit einem Freispruch ist der Prozess gegen einen Rintelner (68) zu Ende gegangen, dem die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte, in seiner Wohnung zweimal ein 16 Jahre altes Mädchen vergewaltigt zu haben.

Zweifel an der Schuld des Mannes bestanden von Anfang an. „Deshalb hat das Gericht ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt, um sich sachverständig beraten zu lassen“, so die Vorsitzende Richterin Dr. Birgit Brüninghaus. „Und das war auch gut so.“ Der Expertise zufolge hat die heute 18-Jährige nämlich nicht die Wahrheit gesagt.

Im Plädoyer rückte daraufhin auch Staatsanwalt Nils-Holger Dreißig von den ursprünglichen Vorwürfen ab und beantragte Freispruch. Die Aussage, so Dreißig, sei im wahrsten Sinne des Wortes in sich zusammengebrochen. „Es tut mir leid, dass Sie mit einem so schrecklichen Vorwurf belastet worden sind“, sprach Richterin Brüninghaus den Angeklagten während der Urteilsbegründung direkt an.

Im Prozess hatte die junge Rintelnerin behauptet, der Rentner habe ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen, ihren Mund mit Klebeband verschlossen und sie zweimal nacheinander vergewaltigt (wir berichteten). „Diese Vergewaltigung hat es nie gegeben“, stellt Verteidiger Nils-Günther Pengel fest. Warum das Mädchen offenbar die Unwahrheit gesagt hat, bleibt zunächst offen.

Im Urteil hieß es, die 18-Jährige sei emotional instabil und starken Stimmungsschwankungen unterworfen, ihr Selbstbewusstsein wenig ausgeprägt. Außerdem gab es möglicherweise kein Zurück mehr, nachdem ihre Mutter ihr „die Tatvorwürfe geradezu in den Mund gelegt hatte“, wie Brüninghaus erklärte. Anschließend habe die Zeugin viel Mitgefühl erfahren.

Bei einer Durchsuchung der Wohnung wurden jedoch weder Blut noch DNA-Spuren des Mädchens gefunden. Auch eine gynäkologische Untersuchung habe „keinerlei Hinweis auf eine Vergewaltigung“ ergeben. In der Hauptverhandlung vor der 1. Großen Jugendkammer am Bückeburger Landgericht kam „eine Vielzahl von Widersprüchen“ hinzu, die am Ende zu „durchgreifenden Zweifeln“ führten. „Ich habe dem Mädchen nichts Böses getan“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort.

Obwohl das Gericht nicht glaubt, dass die junge Frau die Wahrheit sagt, möchte Brüninghaus diese „keinesfalls der bewussten Lüge bezichtigen“. Vielmehr vermutet die Kammer, dass die 18-Jährige „subjektiv an eine Vergewaltigung glaubt“.

Die Rintelnerin lebte damals in der Nachbarschaft des Rentners. Sie und andere Mädchen durften in dessen Wohnung rauchen. Gelitten hat der offenbar unschuldige Mann auch körperlich: Nach einem ersten Anlauf zur Gerichtsverhandlung im September 2011 war er schwer krank geworden. Der Prozess platzte daraufhin zunächst. Jetzt ist die Zitterpartie beendet.[1]

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