Kenan K.

Aus Falschbeschuldigung
Zur Navigation springenZur Suche springen

Eine 16-Jährige Tochter wollte ihren Vater, Kenan K., mit einer erlogenen Vergewaltigung hinter Gitter bringen.[1]

Wochenlang in Untersuchungshaft

Er schmorte wochenlang in Untersuchungshaft. Der Fall schien für die Ermittler, die Staatsanwältin und den Untersuchungsrichter glasklar. Hier die Aussage von Amina K., 16 Jahre alt, ein hübsches Mädchen, das völlig aufgelöst erzählte, wie sie ihr Vater vergewaltigt hat. Dort der Beschuldigte, Kenan K., 36, der aufbrausend auf die Vorwürfe reagierte, aber seine Unschuld beteuerte. Es stand Aussage gegen Aussage. Alle glaubten der Jugendlichen, niemand dem 36-Jährigen, der wochenlang in der U-Haft schmorte.

Alles erstunken und erlogen

Jetzt weiß man, die Vorwürfe waren erstunken und erlogen. Die 16-Jährige hatte geplant, ihren viel zu fürsorglichen Vater hinter Gitter zu bringen – und zwar aus reinem Eigennutz: Sie wollte länger in die Disco gehen als bisher; treffen, wen sie wollte; in die Schule gehen, wann sie wollte ... Einer Polizistin sagte Amina in einer Einvernahme: "Ich schätze, dass er (Anm. der Vater) für zwei bis sechs Jahre ins Gefängnis muss. Ich hoffe das auch." So naiv das Motiv auch sein mag, die Ausführung ihres Plans wäre ihr beinahe gelungen. Unterstützung fand sie in Behörden, die sich außerordentlich mit dem Opfer identifizierten, und die Rechte des Vaters negierten.

Der Wahrheit hat niemand geglaubt

Kenan K., ein kleiner, stämmiger Mann, sitzt steif in der Wiener Kanzlei seines Anwalts Thomas Nirk. K. trägt ein Korsett um seine Taille, das seinen Rücken stützt. Seit zwei Jahren ist er wegen eines Bandscheibenvorfalls zu Hause, kann sich nicht schmerzfrei bewegen. "Mir hat niemand geglaubt", erzählt er. Die Tage in der U-Haft von 23. Juni bis 17. August waren hart. "Ich war für alle der Kinderschänder. Die gingen auf mich los." Er dachte schon daran, sich das Leben zu nehmen. Seine Freiheit verdankt er seinem Anwalt, der mit mehreren Beweisanträgen das Lügengebäude des Mädchens zum Einsturz brachte. Nirk sagt: "Die Brutalität der Aussagen des Kindes sind nicht zu überbieten." Der Jurist rekonstruierte den Tag der Vergewaltigung, den 14. Juni, minutiös. Rund 45 Minuten hätte K. für die Tat Zeit gehabt. Er beantragte, die Rufdaten und das Handy des Mädchens auszuwerten. Inhalt einer SMS ihres Freundes: "Was soll ich bei der Polizei aussagen?" Allesamt war das noch zu wenig. Erst ein medizinisches Gutachten brachte die Wende. Nirk: "Mit seiner Verletzung kann er das nicht gemacht haben." Der Jurist hält nichts davon, wenn Vergewaltigungen als urbane Legenden abgetan werden. "Es gibt keinen Zweifel, dass das abartig ist." Der Umgang mit Kenan K. erinnere ihn aber an "eine Hexenverfolgung wie im Mittelalter". Noch immer, sagt Nirk, verwehren die Behörden seinem Mandanten eine Rückkehr in ein halbwegs normales Leben.

Frei, aber Jugendamt bleibt uneinsichtig

K. ist zwar frei, darf aber wegen eines Betretungsverbots nicht nach Hause. Treibende Kraft dahinter war das Jugendamt, das noch vor K.s Enthaftung um eine Verlängerung angesucht hatte. Damals verhielt sich die Jugendwohlfahrt korrekt. Jetzt sei das nicht mehr der Fall, sagt Nirk. Denn elf Tage, nachdem K. enthaftet worden war, gestand Amina einer Sozialarbeiterin des Jugendamtes ihre Lüge. Wie verhielt sich die Mitarbeiterin? Sie blieb sehr still. Eine Meldung an das Gericht, das befugt wäre, das Betretungsverbot aufzuheben, blieb aus. Die Verfügung ist bis heute aufrecht.

Jugendamtsleiter weicht aus

Der stellevertretende Behördenleiter will aus datenschutzrechtlichen Gründen wenig sagen: "Das Mädchen wird von uns betreut." Nirk will das Verbot bei Gericht bekämpfen. "Eine Behörde muss neutral sein und sowohl Belastendes als auch Entlastendes sammeln und dafür sorgen, dass jedem Einzelnen Recht widerfährt." Darauf wartet Kenan K. noch.

Entschuldigung der Tochter angenommen

Er hat die Entschuldigung seiner Tochter angenommen. Ihr wird bald ein Prozess wegen Vortäuschens einer Straftat gemacht. K. wird zum Verfahren kommen, jedoch als Opfer, und nicht als Täter.

Einzelnachweise